Freitag, 1. August 2008

Pokhara – das Leben in einer Heimat auf Zeit

Alles was man so als Tourist über Pokhara wissen möchte, kann man ohne weiteres in den verschiedensten Reiseführern nachlesen. Und weil man ja zunächst als ein solcher kommt und das auch trotz Arbeit dort ein Stück weit bleibt, ist das sicher auch keine schlechte Idee.
Ich wollte hier ein wenig von dem erzählen, wie wir die Stadt erlebt haben und was man so mit der Zeit über das Touristische hinaus kennen lernt.

Als wir nach einer über 30stündigen Reise und 2 Tagen Kathmandu in Pokhara gelandet sind, waren wir über die Grünheit und Schönheit dieses Städtchens sehr erstaunt. Es gab von den meisten Dingen etwas weniger als in Kathmandu, Lärm, Menschen, Slums, Taxis, Strassen, von anderen aber auch etwas mehr, wie Gras und damit auch Kühe und mehr Platz.

Nach einem sehr herzlichen Empfang durch Madans Mutter, Tante Kalpana und ihrem kleinen Sohn, sowie Onkel Hari, fuhren wir nach Lake Side. Dort hatten wir in einem Art Wilhelma Park mit Palmen und Pavillosns unser Frühstück am See.

Lake Side, das touristische Viertel, scheint sich auf alle möglichen Bedürfnisse seiner ausländischen Besucher eingestellt zu haben. Man bekommt dort einfach alles, von Nutella über Tampons zu frischem Saft, Massagen, leckeres Essen und und und. Dort haben wir also die meiste Zeit verbracht, wenn wir gerade nicht im Krankenhaus waren – natürlich!

Auffällig war, dass wir zu dieser Zeit so ziemlich die einzigen Touristen waren und somit auch Ziel zahlloser „Angebote“. Kaum den großen Zeh aus dem Hotel geschoben, schon wollten tibetische Frauen uns ihre Geschichte erzählen. Natürlich habe ich mich als kultur-offene Reisende sehr darüber gefreut, dass ich etwas über ihre Story erfahren durfte und habe mich zu ihr gesetzt. Nach ein paar Sätzen meinte sie dann, ob ich nicht ihre schönen Schmuckstücke sehen wollte, von denen sie einen ganzen Rucksack voll besaß. „Only look“ So ganz allmählich schlich sich der Gedanke heran, dass ich eventuell eines kaufen sollte. Das Ende vom Lied war ein schönes Armbändchen zum Preis von 100Rs (ein ganzer Tageslohn) nach wirklich jämmerlichen Versuchen mit dieser Frau zu handeln. Gut, jeder macht seine Erfahrungen. Nun gibt es nicht nur tibetische Frauen, die einem etwas von ihren schönen Dingen verkaufen wollen, nein – da ist noch der FruitJuiceMann, die Jungs die Hasch hauchen und nette Menschen, die dich für ein Überleben beim Trekking ausstatten wollen und natürlich nicht zu vergessen die Taxifahrer, die einen auch die letzten 100m Fußweg zum Hotel fahren möchten.

„Malai Chaidaina“ oder so ähnlich – der Satz der Rettung: Ich brauche nichts! Nach 2 Wochen Pokhara wurden wir bei unserem Weg durch die Straße eigentlich nur noch durch ein „You want some fruit juice“ aufgehalten. Der FruitJuiceMan wollte einfach nicht aufgeben.
Es gab natürlich auch ein Pokhara außerhalb Lake Side – zum Beispiel Mahendra Pul, die Einkausmeile – Geschirr, Kleidung, Gewürze – einfach alles was das Herz begehrt. Dort kaufen auch die Nepalis ein, also ist es nicht ganz so teuer. Wir wollen aber nicht naiv sein und glauben, wir würden die gleichen Preise bezahlen.

Jetzt muss ich gerade selbst über den Ausdruck „teuer“ schmunzeln. Eigentlich ist dort nichts teuer, aber nach 8 Wochen überlegt man dann doch, ob man für die Fleecejacke wirklich umgerechnet 5,50€ statt die angestrebten 5€ zahlen soll. Alles ist relativ, das hat ein berühmter Mann mit grauer Sturmfrisur erfunden.

Um also die Inflation nicht anzukurbeln haben wir immer ganz brav eifrig gehandelt und verglichen. Der Satz „Good for you and good for me“ hat sich dabei wirklich bewährt. Was im Zusammenhang mit Konsumverhalten eventuell noch von Bedeutung sein könnte: wenn man schon in Deutschland dazu tendiert, gerne und oft Geld für alles mögliche, wie zum Beispiel Kleidung auszugeben (vor allem wir weiblichen Spezies), dann kann einem Nepal das Genick brechen. Dies weniger finanziell, als durch das immense Gewicht, das sich irgendwann anhäuft. So flog ich mit 16kg inklusive 2kg Schokolade und Gummihandschuhen in Deutschland los und kehrte mit 27kg wieder nach Hause, wobei Schokolade und Handschuhe nicht mehr dabei waren. Und ich war noch nicht die mit dem meisten Gepäck!

Fazit: Trotz Entwicklungsland bekommt man in Nepal alles, wenn man nur das nötige Geld mitbringt.

Nun folgt ein abrupter Themenwechsel mangels Idee einer Überleitung:

Verkehr – dieser mag ruhiger als in Kathamndu sein, aber im Vergleich zu unserem geordneten Ländle immer noch absolutes Chaos. Es herrscht das Darwinsche Gesetz: Survival of the fitest und vielleicht auch noch von dem mit der lautesten Hupe. Die Stärksten und auch rücksichtslosesten sind die Trucks, die auf den ersten Blick ganz nett aussehen. Obwohl auf jedem Truck Speed Control steht, scheinen die Fahrer davon noch nichts gehört zu haben. Man wird mit uncontrolled Speed überholt und gleichzeitig in einen Rußnebel gehüllt, dass einem die Zähne knirschen. Trotzdem haben sich einige von uns waghalsig Motorräder ausgeliehen – eine Obi-Kundenkarte reicht dabei als Führerschein völlig aus.

Um die Verkehrssituation noch zu verdeutlichen. Ein sehr ernster Madan (!) hat uns erklärt, dass wir wirklich aufpassen müssen, nicht angefahren zu werden. Der Anfahrende kehrt dann nämlich um und man wird schnell der Illusion beraubt, dass dieser einem helfen wolle. Nein, um es mit den Worten der Nepalis zu sagen, er macht Chutney. Das bedeutet, man wird einfach vollends dahingerafft, weil es dem Unfallverursacher billiger kommt, einen Verkehrstoten zu „bezahlen“ als das Leben lang für einen Invaliden aufzukommen. So ist das.

Wo wir also gerade bei Chutney waren, will ich zum Schluß noch ein paar Worte über das Essen, eines unserer elementarsten Bedürfnisse, verlieren. Es gibt Essen soviel und so oft man möchte, was man möchte und wie man es möchte. Von Pizza, Weiner Schnizel über Taccos – alles. Der Nepali an sich ist dabei sehr anspruchslos, er isst 2 mal täglich an 365 Tagen im Jahr sein Dhal Bhat – Reis mit Linsensoße und Beilage, wirklich lecker! Wir sind sehr oft den herzlichen Einladungen von Madans Familie gefolgt und wurden dabei mit dieser Köstlichkeit – gestopft! Insgesamt muss man sich also um sein leibliches Wohl nicht im geringsten Sorgen. Außer man fängt sich einen besonders aggressiven Darmkeim ein, dann hat man eben ein wenig Fltzeka... Aber das hat jeden von uns erwischt und es ging auch bei jedem wieder vorbei.

Jetzt ist ja schon eine ganze Menge über die Stadt und das Leben zusammengekommen, dies kann hier natürlich nur ein Bruchteil sein. Es gibt soviel zu sehen und erleben, aber wahrscheinlich macht es am meisten Spaß das einfach selbst zu tun. Deshalb werde ich hier den Bericht beenden.
Die Moral von der Geschicht: Nehmt euch in Acht und fahrt alle Antennen aus und genießt die Zeit, die ihr dort habt. Schneller als man denkt wird man Teil des Ganzen (wenn auch ein exotischer) und es ist völlig normal auf einem Motorrad ohne Führerschein Kühe auf einer vierspurigen Straße zu umfahren mit den 8000dern im Rücken.